Geburtsmala - Ein besonderer Wegbegleiter für die Schwangerschaft

Einen Nachmittag als Mama nur für sich zu haben, ist im Familienalltag doch eher eine Seltenheit. Genau deshalb weiß ich die vor mir liegende Zeit so sehr zu schätzen und  als die Haustür ins Schloss fällt und ich an diesem Vormittag aufbreche, komm es mir wie ein wertvoller Schatz vor, den ich schon seit Wochen hüte. Ich breche zu Nora auf, denn in ihrem kleinen Atelier Naiona in Hamburg findet heute ein Malaworkshop statt. Ich darf  meine ganz eigene, individuelle Geburtsmala knüpfen.  Bei dem Gedanke überkommt mich eine Vorfreude, die sich in einem Lächeln auf meinem Gesicht abzeichnet.

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Dann bin ich da und fühle mich in dem wohligen Ambiente sofort wie zu Hause. Nach einer herzlichen Begrüßung geht es dann auch schon los und jede Teilnehmerin darf sich ihre Steine aussuchen. Jeder Stein steht für bestimmte Qualitäten, Eigenschaften und Energien, wie uns Nora erzählt und ganz intuitiv darf sich jede Frau ihren passenden Stein oder auch ein Zusammenspiel von mehreren Steinen auswählen. Dabei kommt es nicht darauf an, zu welchem Kleidungsstück man die Kette vielleicht kombinieren könnte, es geht vielmehr darum seinem Bauchgefühl zu vertrauen und die Wirkung der Steine zu erfahren. Nora nimmt sich für jede von uns Zeit  und ihre einfühlsamen, beratenden Worte helfen bei der Auswahl bis  jede Teilnehmerin sich sicher ist,  ihren ganz persönlichen Stein gefunden zu haben.

Dann setzen wir uns in lockerer Runde um einen Tisch herum, auf dem eine Auswahl an Bändern, Perlen, Scheren und Legebrettern bereit liegt und wir dürfen beginnen unsere Steine anzuordnen. 108 Steine sollen auf die Perle aufgefädelt und durch selbst geknüpfte Konten voneinander getrennt an der Kette befestigt werden. Was für eine Aufgabe!

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„Ihr werdet Hoch und Tiefs erleben, in eurem Schaffensprozess“ verrät uns Nora und ich weiß ziemlich schnell, was sie damit meint, denn genau das erlebe ich. Am Anfang bin ich sehr verbissen und die Knoten wollen so gar nicht an die Stelle gelange, wo ich sie hinhaben möchte. Ich schaue links und rechts von mir die anderen Teilnehmerinnen an und alle sind schon so viel  weiter als ich. Eine lange nicht mehr so präsent gewesene Eigenschaft von mir ploppt in mir auf. Ich werde ungeduldig und fange an mich zu vergleichen. Ich merke, dass da ein Gefühl ist von „Ich bin nur wertvoll, wenn ich auch als erste am Ziel bin“.  

Ich nehme wahr, wie mein Babybauch vor Anspannung ganz fest ist und genau das ist der Moment an dem ich innehalte. Ich werde mir bewusst darüber, dass ich das nicht für die anderen oder sonst irgendeinen Menschen mache. Ich brauche nicht gefallen und auch meine Mala muss nicht von anderen für „schön“ empfunden werden. Ich mache das für MICH! Ich atme tief in den Bauch und sofort entspannt er sich, auch mein Kiefer  und meine Schultern lassen locker. Und plötzlich sehe ich die wunderschönen Steine, die ich mir ausgesucht habe, befühle ihre Oberfläche und tauche auf einmal ab. Ganz zu mir und meinem Schaffensprozess. Ich spüre die Kreativität in mir und Ruhe macht sich in mir breit. Auf einmal fließt es. Die Knoten lassen sich von mir dorthin schieben, wo sie sitzen sollen, ich entwickel meine ganz eigene Technik und nach und nach meinen ganz eigenen Rhythmus.

Perle greifen, auffädeln, nach unten schieben. Zwischen Daumen und Zeigefinger fixieren, sodass sie nicht wegrutscht und dann mit der anderen Hand den Knoten knüpfen und festschieben. Perle nehmen, Knoten knüpfen, festschieben. Eine Perle reiht sich an die andere und ich merke die Leichtigkeit in meinen Fingern. 108 Perlen und Knoten. Ich spüre, dass es gut ist, genauso wie es ist. Und dann ist da ein leichtes klopfen in meinem Bauch und ich wandere in Gedanken zu meinem Baby. Ich erzähle ihm in Gedanken, was ich gerade mache und dass es unsere Mala ist, die ich gerade knüpfe. Ein Wegbegleiter, der bis zur Geburt für uns da sein wird.

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Dabei habe ich mir intuitiv zwei Steine ausgesucht. Der Achat steht im Vordergrund meiner Mala und ich habe ihn ausgewählt, weil er für Vertrauen steht. Die Schwangerschaft, die ich gerade erlebe, die Geburt und auch die Zeit danach, alles schließt sich für mich im Vertrauen. Ich habe eine erste nicht sehr schöne Geburtserfahrung gemacht und lernte erst nach und nach, erneut mir, meinem Körper und auch dem Baby zu vertrauen. Seit dem ist Vertrauen eine Basis für mich geworden mit Wurzeln, die mir Stabilität geben, mich halten und mich wachsen lassen. Auch dafür steht dieser wunderschöne Stein, bei dem man die einzelnen Schichten, aus denen er aufgebaut ist, genau sehen kann. Ich möchte selbstbewusst in meiner Gegenwart und in meiner Zukunft sein. Eine Mama, die kraftvoll ist und für ihre Kinder und sich selbst einsteht. Zu oft  bin ich doch über meine eigenen Grenzen gegangen und habe nicht zu dem gestanden, was ich eigentlich wollte. Genau daran darf mich meine Mala erinnern und ein unterstützender Begleiter an meiner Seite sein.

Im Nackenbereich der Kette habe ich 8 Bergkristallsteine gesetzt, denn dieser fast durchsichtig erscheinende Stein steht für Wandel. Ich weiß, dass mein Leben durch die dritte Schwangerschaft noch einmal gründlich durcheinander gewirbelt wird. Wir als Familie werden uns neu finden müssen, wenn das Baby auf der Welt ist und ich glaube, dass eine sehr herausfordernde Zeit auf uns zukommt. Ich werde meine gerade anlaufende Selbstständigkeit unterbrechen und für eine geraume Zeit erst einmal wieder „nur“ Mama sein. Der Fokus verschiebt sich erneute und ich möchte diesen Wandel annehmen ohne Ängste und ohne Druck anstatt dessen soll  ganz viel Liebe, Geduld und Hingabe auf unserem Weg liegen. Mit ihm zu gehen, wird für mich eine Herausforderung darstellen, der ich mit Achtsamkeit begegnen möchte. Bei mir zu bleiben, behutsam mit mir selbst umzugehen und damit auch gleichzeitig für meine Kinder eine liebevolle Begleiterin zu sein, das wünsche ich mir von Herzen. Und genau deshalb habe ich den Bergkristall gewählt.

Die Kettenmitte bildet ein Mond, der Weiblichkeit symbolisiert, denn ich fühle mich meiner Weiblichkeit so nah wie nie zuvor in meinem Leben. Tief einzutauchen, diesen ureigenen Pfad wiederzuentdecken und zu spüren, erlebe ich als Geschenk, für das ich unendlich dankbar bin.

Die Zeit vergeht und dann ist die Kette auf einmal wie im Nu fertig und das Formulieren einer Affirmation, die ich während der Malameditation verwenden kann, fällt mir nicht schwer. Sofort schreibe ich auf den Zettel: „Die Geburt wird leicht sein“ und genau das spüre ich, als ich die fertige Kette um meine Hals lege. Zuerst nehme ich die angenehm kalten Steine in meinem Nacken wahr und fühle, wie sie allmählich wärmer werden, je länger ich sie trage. Und in dem Moment weiß ich, dass die Schwangerschaft, die noch vor mir liegt und auch die Geburt von einer Leichtigkeit umflossen sein werden.

Während des Workshops erzählt Nora  immer wieder interessante Details zu den Steinen und zur Mala und es ist so angenehm ihren Worten beim Knüpfen zu lauschen oder auch eine kleine Pause einzulegen und sich mit ihr auszutauschen. Sie hat ein wohliges Gespür dafür, wann die Teilnehmerinnen eher für sich sein möchten und wann es der richtige Momente für ein Gespräch ist. Die ganze Zeit über hält sie den Raum und strahlt dabei eine Ruhe und Freude aus und man merkt, mit wie viel Liebe sie bei der Sache ist. So fühle ich mich in der Abschlussrunde pudelwohl, in der wir gemeinsam im Kreis sitzen, uns die Hände reichen und Nora eine Abschlussmediation anleitet.

Wildfremde Frauen waren an diesem Nachmittag bei Nora im Naiona zusammengekommen und nun fühlt es sich so vertraut an hier mit ihnen zu sitzen. Mit der Zeit ist eine Verbundenheit  zwischen uns entstanden, die durch angenehme Gespräche auf Augenhöhe begleitet wurde. Jede von uns hat an diesem Nachmittag ihre eigene Mala geknüpft und auch wenn die Themen jeder einzelnen von  uns ganz unterschiedliche sind und somit auch jede Kette eine andere Bedeutung hat, so war der Kreis von Frauen doch unglaublich wohltuend. Mit einem Lächeln im Gesicht bin ich voller Vorfreude in diesen Nahmittag gestartet und nun verlasse ich Noras  kleines Atelier mit meiner Mala um den Hals. Und sowohl im Herzen als auch in meinem Gesicht trage ich ein tief zufriedenes Lächeln.

Nora stellt in ihrem Hamburger Atelier unsere Ketten und Armbänder her. Weitere Informationen auch zu ihren Workshops findest du auf naiona.de

Text und Bilder von Katrin Michel

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